10.01.2011

Vollmond

Heute Nacht konnte ich nicht schlafen... und wollte schreiben.
Dabei ist mal wieder eine short short-story bei rausgekommen, vielleicht mache ich noch mehr davon. ^^


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„Noch einen“, lalle ich lautstark in die Richtung des Barkeepers. Ob er die Augen verdreht, kann ich nicht mehr erkennen, die vier Pupillen drehen sich so seltsam. Danach sinke ich wieder auf dem Tresen, den Kopf gesenkt, sodass meine Stirn sich etwas an der Platte abkühlen kann, trotzdem versuche ich mich auf meinen Unterarmen noch soweit abzustützen, sodass ich keinen völlig erbärmlichen Eindruck hinterlasse. Dass mir das nicht gelingt, bemerke ich nicht.
Auch das nächste Whiskey-Glas wird in einem Zug geleert, nachdem ich mich wieder aufgerappelt habe. Verdammt, wieso kann ich mich immer noch an alles erinnern, was den Abend über passiert ist? Aggressiv knurre ich leise, doch der Barkeeper interessiert sich nicht dafür. Zumindest spricht er mich nicht darauf an.
„Noch einer“, grummel ich stattdessen. Wie konnte sie es nur wagen? Stalker hat sie mich genannt und mit der Polizei gedroht. Dabei wollte ich doch nur am Telefon ‚Hallo‘ sagen, was ist denn daran schlimm? Generell verstehe ich nicht, warum sie mich so hasst. Dabei liebe ich sie doch, würde alles für sie tun, wirklich alles. Dass ich genau das vor einer halben Stunde dem Typen auf der anderen Seite des Tresens erzählt habe, das habe ich natürlich schon vergessen. Trotzdem verzweifel ich an dieser einfachen Frage.
„Das ist der letzte für heute“, höre ich die tiefe Stimme des Barkeepers und ich sehe überrascht auf, was mein dröhnender Kopf und sich drehende Sicht mich gleich bereuen lassen. Hatte der schon immer so eine angenehme Stimme? Wahrscheinlich, nur hatte er bis jetzt keinen Ton gesagt, aber seine Stimme ist es eh nicht, die ich hören will. 

Nachdem höflich aber doch direkt aus der Bar geschmissen wurde, torkel ich durch die Straßen der Stadt. Ich bin klar im Kopf, zumindest glaube ich das und alles ist hell erleuchtet. Es ist Vollmond. Mitten auf der Straße bleibe ich stehen und starre zu dem Trabanten hinauf. Er ist hell. Er ist voll. Ich muss grinsen. Voll bin ich schließlich auch irgendwie.
„Du!“, brülle ich und zeige mit dem Finger gen Himmelszelt. „Hilf mir!“ Die entsetzten und angewiderten Gesichtsausdrücke der Passanten bemerke ich nicht. Ich will nur eins. „Hilf mir!“
Ich will sie haben. Wenn kein Mensch mir helfen kann, dann doch gewiss die Magie des Mondes? Menschen können wegen ihm nicht schlafen, sind von ihm fasziniert, also soll er gefälligst dafür sorgen, dass sie mich liebt! Ich würde sogar meine Seele dafür verpfänden.
Ich bemerke, wie mein Magen anfängt zu rebellieren, unbeholfen rette ich mich an eine Hauswand und stütze mich dort ab, als der Alkohol meinen Körper auf die falsche Art und Weise verlässt. Schwer atmend bleibe ich dort stehen und starre wieder zum Mond hinauf. Hat es funktioniert? War das ein Zeichen? Denn nun sind wir bestimmt beide so blass. Also hilfst du mir? Ich will nicht mehr alleine sein…

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